Zahntechnik in der Zukunft – Überlebt der Beruf ?

Eine Studie aus Boston hat sich 2013 mit der Wahrscheinlichkeit der Überlebenschancen von 702 Berufen beschäftigt.

In dieser Untersuchung ging es um die Möglichkeit der Ersetzung von Menschen im Berufsleben durch Computer.
Berücksichtigt wurde hierbei unter Anderem die Wichtigkeit einer Sozialkompetenz in den einzelnen Berufen.

Wir nehmen hier schon einmal die Wahrscheinlichkeit für 2 Berufe vorweg und untersuchen im Anschluss, wie wir unsere berufliche Ausrichtung ändern müssen um diese Ergebnisse nicht Wirklichkeit werden zu lassen.

Laut der vorliegenden Studie besteht :

  • die hohe Wahrscheinlichkeit von 97% dafür, dass Zahntechniker durch Computer ersetzt werden.
  • die geringe Wahrscheinlichkeit von 4,4% dafür, dass Zahnärzte durch Computer ersetzt werden.

Das sind erschreckende Zahlen für die Zahntechnikerin und den Zahntechniker in ihrer heutigen Form !

Wir werden gebraucht ! – Auch in Zukunft ! – Aber anders !!

Was können wir verändern, um nicht durch Computer ersetzt zu werden?

  • Welche Möglichkeiten haben wir um in Zukunft noch gebraucht zu werden ?
  • Was können wir heute schon ändern um unseren sicheren Arbeitsplatz zu gewährleisten ?
  • Wieso ist es wichtig, heute schon die Weichen für Morgen zu stellen ?
  • Was raten wir unserem Nachwuchs, wie die Zukunftsaussichten für unseren Beruf aussehen ?
  • Gibt es Chancen das Berufsbild so zu verändern, dass Zahntechniker auch in der Zukunft noch gebraucht werden ?

Diese und viele andere spannende Fragen stellen wir in diesem Artikel und werden versuchen, Antworten  und Chancen aufzuzeigen.

Teil 2

In dieser Studie ging es darum abzuschätzen, welche Faktoren ausschlaggebend sind bei der Wahrscheinlichkeit, dass ein arbeitender Mensch durch einen Computer ersetzt wird.
Daher hat man 702 Berufe auf den Prüfstand gestellt, sich die wesentlichen Merkmale genauer angesehen und ist zu dem Schluss gekommen, dass 47% der Arbeitsplätze in den USA gefährdet sind.
Hierbei zeigen Bildungsstand und Löhne eine stark negative Korrelation zu der Besetzungswahrscheinlichkeit durch Computerisierung.
Das bedeutet, dass gering bezahlte Beschäftigungen, die von Menschen mit geringem Bildungsstand ausgeführt werden können am ehesten von Computern ersetzbar sind.

Erschreckend für mich war hierbei, dass der Zahntechniker in dieser Studie bereits auf Platz 51 von 702 der am leichtesten zu ersetzenden Berufe aufgeführt wird.

Man spricht in diesem Zusammenhang von einer „Technologischen Arbeitslosigkeit“ , die bereits die Berufe von z.B. Buchhaltern, Kassierern und Telefonisten drastisch reduziert hat.
Aber auch in den sogenannten „verarbeitenden Gewerben“ verschwinden in zunehmender Zahl Mitarbeiter vor allem in den Bereichen der „Routinefertigungsarbeiten“ .

Bisher waren die manuellen Aufgaben der Dienstleistungsberufe offenbar weniger anfällig für Automatisierung, da sie einen höheren Grad an körperlicher Anpassungsfähigkeit und Flexibilität erfordern.

Da aber das Tempo der der technologischen Innovation nach wie vor zunimmt, und mit den immer anspruchsvolleren Software-Technologien auch defizilere Arbeiten und Tätigkeiten von Maschinen übernommen werden können, ist es in vielen Fällen nur eine Frage der Zeit, wann menschliche Arbeitskräfte hier nur noch in geringem Maße gebraucht werden.

Gleichzeitig sind Arbeitsplätze die auf Problemlösungskompetenz, Sozialkompetenz und kognitive Fähigkeiten bauen stetig im Wachsen begriffen und werden im Vergleich zu rein produzierenden Tätigkeiten immer besser bezahlt.
In diesem Zusammenhang wird hier von „Rentabilität von Bildung“ gesprochen.

Teil 3 : Status Quo und nahe Zukunft

Sehen wir uns doch allein die aktuelle Situation in den Laboren und Praxislaboren einmal objektiv an !

Gerüstherstellung :
Bereits heute sind in den Betrieben wesentlich weniger Mitarbeiter in den Goldabteilungen (Gerüstherstellung) beschäftigt, weil diese recht einfachen Strukturen sehr leicht von einer CAD/CAM-Anlage unter wesentlich besseren betriebswirtschaftlichen Bedingungen und in einer besseren, gleichbleibenden Qualität hergestellt werden können als von einem Menschen per Hand in der Gusstechnik.

Ich rede hier nicht von der Billigvariante Lasersintern, sondern von aus dem Vollen gefrästen, homogenen Material.

Selbst mit der entsprechend fragilen und feinen händischen Nachbearbeitung, die diesen Arbeiten erst den letzten Schliff gibt, wird der Mensch durch die Unterstützung der Computerisierung wesentlich produktiver.

Aufgrund der vielfach besseren Wertschöpfung, selbst bei der vollständigen Berücksichtigung der Kosten, die eine solche Anlage verursacht, kann dieser Mitarbeiter auch plötzlich besser bezahlt werden.

Aufbissschienen :
Das Gleiche gilt bereits vollständig für die Herstellung von Aufbissschienen, die in ihrer harten Variante in meinem Labor mittlerweile ausschließlich per CAD/CAM hergestellt werden, was die Qualität, aber auch die Arbeitsbelastung und damit auch die Wertschöpfung wesentlich optimiert hat.

Die Zahntechniker haben in den vergangenen Jahren aufgrund eines immer müder werdenden Ausbildungsverhaltens selbst für eine Knappheit an Nachwuchs-Technikern gesorgt und wir werden diese Auswirkungen in den kommenden Jahren noch bitter zu spüren bekommen.

Die Klassen an den Berufsschulen sind zusammengeschrumpft, weil viele Betriebe keine Lehrlinge ausbilden.
Dies liegt zwar zum Einen an der Ausbildungs-Unwilligkeit der Labore, zum Anderen aber daran, dass Junge Leute sich heutzutage sehr wohl informieren welcher Beruf Ihnen in der Zukunft einen angenehmen Arbeitsalltag und ein gutes finanzielles Auskommen bietet.

Diesbezüglich haben sich die Labore in den vergangenen Jahren einen schlechten Dienst erwiesen.
Teilweise gezwungen aufgrund der von der Politik aufgezwungenen Rahmenbedingungen und Kassenpreise, aber teilweise auch durch selbst geschaffene Dumping-Preise zur Kundengewinnung.

Modellguss :
Laborinhaber sehen mit großen Bedenken den Tagen entgegen, da ihr Modellguss-Techniker in Rente geht, denn für diesen Bereich findet man aktuell keine Nachfolger.

Als logischen Schritt sucht man nach Möglichkeiten, diesen Arbeitsbereich auch mit Hilfe von Computern einerseits attraktiver zu machen, weniger arbeitsintensiv zu gestalten und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.
Derzeit suche ich hierbei nach geeigneten Möglichkeiten, Modellgüsse per Computer  zu Modellieren und zu Fräsen oder zu Drucken um die Prozesskette bis zum Guß durch CAD/CAM zu optimieren und effizienter zu machen.

Verblendungen ?
Bereits seit vielen Jahren arbeitet die Forschung in Industrie und Technik mit Hochdruck an dem digitalem Druck von Keramiken.
Es wird nur eine Frage der Zeit sein, daß Keramikmassen entweder im Spray-on-, oder im Druckverfahren hochpräzise aufgetragen werden können.
Nach digitalen Messungen im Mund werden die Farb-Daten inklusive Transluzenzwerten, Opaleszenzen etc. erfasst werden, die entsprechenden Keramikmassen digital ausgewählt und punktgenau platziert.
Spinnerei ?
Noch vor wenigen Jahren hätten wir das auch bezüglich der mittlerweile vollkommen üblichen und in den Laboren täglich eingesetzten CAD/CAM-Techniken der Gegenwart behauptet.

Aber wenn man sich die Produktivität und Umsatzzahlen betrachtet, die diese immer kleiner werdende Zahl von Zahntechnikern hervorbringt und dabei berücksichtigt, dass die Preise der Leistungen sich in den letzten 20 Jahren eher stagnierend entwickelt haben, muss man sich doch fragen, wie diese Mehr-Leistung pro Kopf zustande kommt. Die Antwort ist einfach – Computerisierung !

Job-Chancen und Löhne ?
Schon heute werden Zahntechniker im Bewerbungsgespräch nach ihren Kenntnissen in der digitalen Zahntechnik gefragt und diejenigen, die hier über gute Kenntnisse verfügen, haben auf dem Arbeitsmarkt deutlich bessere Chancen und werden oft auch besser bezahlt.
Ausserdem werden diese Zahntechniker ebenfalls von der Industrie und von Fräszentren gesucht und haben somit eine viel größere Auswahl an Betrieben zur Verfügung.

Es kann durchaus sein, dass manche Neuerungen und mancher technische „Fortschritt“ noch etwas auf sich warten lassen.
Aber ich mache mir trotzdem heute bereits Gedanken um die Ausrichtung meines Betriebes und der Zahntechnik insgesamt, weil ich das einfach als Verpflichtung – auch und nicht zuletzt meinen Lehrlingen gegenüber sehe.

 

Teil 4 :


Worin unterscheiden wir uns von Computern ?

In welchen Bereichen sind wir nicht von CAD/CAM zu ersetzen ?
Der Schlüssel zur beruflichen Zukunft von Zahntechnikern und Zahntechnikerinnen liegt in der Persönlichkeit !!

Wieso besteht diese krasse Differenz in der Ersetzungswahrscheinlichkeit zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern ?

Bereits heute vollziehen viele Labore den Ansatz, aus ihrem Werkstatt-Dasein herauszutreten und Öffentlichkeit zu suchen, also mit Zahnärzten und sogar Patienten direkt zu kommunizieren.
Aber warum fällt vielen Zahntechnikern dieser Schritt so schwer ?
Bereits in der Schule als auch in der Lehre, sowohl in den Berufsschulen als auch in den Ausbildungsbetrieben bekamen wir beigebracht, bestimmte Regeln einfach anzunehmen und nicht zu hinterfragen oder gar in Frage zu stellen.
Wer querdenkt und hinterfragt ist unbequem oder wird gar für frech gehalten, ist aber für Viele einfach unbequem.
„Kopf in die Lade und schaffen“ oder Warum wird ein junger Mensch Zahntechniker ?

Diejenigen, denen Kommunikation und das Interagieren mit anderen Menschen wichtig sind, werden in aller Regel nicht Handwerker, sondern entscheiden sich für Berufe, in denen sie diese Attribute finden und leben können.
Und diejenigen, die als kommunikative, offene Menschen dennoch den Beruf des Zahntechnikers ergreifen, wird und wurde leider viel zu oft diese Eigenschaft abgewöhnt.

Doch genau diese Kommunikationsfähigkeit und sympatische Interaktion mit Anderen (z.B. Zahnärzten oder Patienten) sind es, die wir in Zukunft vermehrt brauchen um als lebendiges und wichtiges Mitglied in der Dentalfamilie überleben zu können und erfolgreich zu sein.

Viele Zahntechniker scheuen die Kommunikation mit ihren eigenen Kunden, den Zahnärzten, weil diese sich ja kritisch gegegnüber ihren Arbeiten oder Preisen oder gewährte Rabatte äußern könnten.
Solange wir uns als reine Befehlsempfänger sehen, statt uns selbst als wichtige Partner innerhalb der Prozesskette zu betrachten, werden wir auch von Anderen so gesehen.

 

Teil 5 / 1  Erste Lösungsansätze :

 

  • Einstieg oder Kooperation ?
    Gerade mit der ständigen Weiterentwicklung der Computertechnik werden Zahntechniker, die ihre Kenntnisse der klassischen Zahntechnik mit der neuen computergestützten Fertigung in Einklang bringen und dabei vielleicht sogar beide Bereiche weiterentwickeln immer wichtiger und verlieren den Anschluss nicht.
    Allerdings kann nicht jeder Klein- und Kleinstbetrieb sich eine eigene CAD/CAM-Anlage anschaffen.
    Und zwar nicht wegen der möglichen Kosten, sondern wegen der sinnvollen Amortisation.
    Diese Betriebe sollten sich an einen Partner wenden, der diese Dienstleistung in ihrem Sinne ausführt und mit dem sie vertrauensvoll zusammen arbeiten können.
    Auch nicht jeder Landwirt besitzt einen eigenen Mähdrescher, sondern er weiß, wo er eine geeignete Maschine geliehen bekommt, oder die komplette Dienstleistung einkauft.
    Somit bleiben die Kosten sinnvoll auf viele Schultern verteilt und die verwendeten Geräte, Materialien und  Techniken sind immer auf dem neuesten technischen Stand.

 

  • Kommunikation und Sozialkompetenz
    Durch die Unterstützung unserer Kunden (Zahnärzte) z.B. in der Patientenberatung werden wir wertvolle Partner der Praxen.
    Wenn der Zahntechniker nach der Befundung der medizinischen Indikationen durch den Zahnarzt bei der Beratung des Patienten bezüglich seiner möglichen prothetischen Versorgung,- inklusive der Besprechung der anfallenden Kosten, sowie der möglichen Finanzierung unterstützend tätig wird, ist er automatisch ein wertvolles Glied in der Zahnarzt-Patienten-Zahnersatz-Kette.
    Durch diese Betätigung tritt der Zahntechniker aus seinem Werkstatt-Schatten ins Licht und wird für alle Beteiligten als Partner sichtbar.
    Plötzlich kommen seine kommunikativen Fähigkeiten zum Vorschein.
    Oft findet der Techniker hierbei einen besseren und persönlicheren Zugang zu dem Patienten, der diesen eher als „auf Augenhöhe“ wahrnimmt als den Zahnarzt.
    Aus meiner Erfahrung treten bei diesen Gesprächen die Kosten für den Zahnersatz in den Hintergrund und die künftige Lebensqualität durch den richtigen Zahnersatz wird zum primären Beratungsmerkmal.
    Tatsächlich entscheidet der Patient sich bei diesen Beratungen eher zu den hochwertigen, von uns empfohlenen Lösungen als  für die klassischen Kassenleistungen.

 

  • Wertschätzung und Bezahlung
    Durch offene Kommunikation mit dem End-Kunden (Patienten) transportieren wir ein Bild in die Öffentlichkeit und werden auch für diese plötzlich sichtbar und wertgeschätzt.
    Der Patient weiß die Bemühungen des Zahntechnikers und das offene Ohr durchaus zu schätzen.
    Schließlich wissen Patienten  ja oft gar nicht, das der Zahntechniker für die Herstellung und die Qualität ihres Zahnersatzes maßgeblich mit verantwortlich zeichnet.
    Spätestens nach einem Rundgang durch das Labor und des Begreifens um die imense technische Ausstattung und Zeit die ein Zahntechniker für die Herstellung von modernem, ästhetischen Zahnersatz benötigt oder aufwendet, treten Diskussionen um Preise eindeutig in den Hintergrund.
    Auch der Zahnarzt würdigt die Mithilfe bei der Beratung seines Patienten, oder ist dem Techniker aufgrund der Vermittlung von neuen Patienten verpflichtet und wird dem Techniker seinen Anteil an den Kosten für diesen Zahnersatz gönnen.
  • Aufgrund der in den Vordergrund tretenden Persönlichkeit und der „Arbeit im Rampenlicht“ kommt Niemand mehr auf die Idee, nach billigem Zahnersatz zu suchen, sondern weiß den fachlich qualifizierten Handwerker, der auch während der Herstellung UND in der Nachsorge bei Reparaturen etc. zur Verfügung steht, absolut zu schätzen.
    Somit folgt der Wertschätzung auch die „Finanzielle Anerkennung„.

Kennen Sie das ?
Daß Ihnen bei manchen technischen Anschaffungen der kompetente Ansprechpartner und Berater so wichtig ist, dass Sie dieses Gerät nicht zum billigsten Preis im Internet bestellen, sondern in vernünftigem Maße den Mehrpreis bei einem Fachhändler akzeptieren ?

 

 


Geht in Kürze weiter !

Dieser Artikel wird ständig erweitert und bearbeitet.

 

Michael Anger